Ein nachhaltiges Telefonat
Als ich 2010 das erste Mal von einem Journalisten gefragt wurde, wie followfish entstand, saß ich auf einem maledivischen Fischerboot. Mir gegenüber: Bert Gammerschlag, Reporter des Magazins STERN. Es war damals eine unserer ersten großen Pressegeschichten und ich war ziemlich aufgeregt. Und als ich so nachdachte, wie eigentlich alles begann, fiel mir mein Moment der entscheidenden Erleuchtung wieder ein.
Es war im Mai 2007 auf der Seafood Expo in Brüssel, einer der größten Fischmessen der Welt. Am letzten Messetag, abends nach 21 Uhr. Das Treiben in den luftigen Messehallen war hektisch, die Aufbruchstimmung deutlich spürbar. Zusammen mit Artur – dem Bruder meines Freundes und Geschäftspartners Harri – war ich dabei, unseren Messestand abzubauen. Da klingelte das Telefon. Mein guter Schulfreund Jakob war dran, seines Zeichens Berufspilot. Natürlich musste ich gleich wieder sticheln und fragen, wieviel Kerosin er an dem Tag schon in die Atmosphäre geblasen habe?
Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen als Gegenfrage: Wie vielen Fischarten ich denn heute schon wieder den Todesstoß versetzt habe?
Da wusste ich – unwiderruflich und unantastbar sicher – was ab sofort unser Ziel sein sollte: die weltweit erste Fischmarke werden, die ausschließlich Fische verkauft, deren Fangmethoden nicht Bestände gefährden.
Als bio-affiner Mensch, Waldorfschüler und notorischer Weltverbesserer war mir schon länger klar, dass das Thema „welchen Fisch dürfen wir noch handeln“ äußerst essentiell werden würde. Wir waren schon damals sehr fokussiert, weil wir nur eine Fischart (Zander) vertrieben. Aber nach diesem Telefonat hatte ich begriffen, dass das nicht mehr nur ein Thema von mir und den NGOs ist. Ich fühlte, dass immer mehr Menschen begannen zu verstehen, dass ein Umdenken stattfinden muss.
Aus heutiger Sicht mag das alles logisch klingen. Damals war es allerdings so, dass es zwar bereits den MSC gab. Und auch der WWF und Greenpeace veröffentlichten ihre Fischführer. Aber auf Hersteller:innenseite gab es wenig bis keine Alternativen zu dem herkömmlichen „Massenfisch“. Zu groß war die Sorge der Anbieter:innen, dass kein Mensch bereit sein würde, auch nur einen Cent mehr für nachhaltig gefangen Fisch zu bezahlen.
Aber: Ab diesem Moment waren wir nicht mehr zu halten. Das Ziel, weltweit ein Exempel zu statuieren, war so stark, dass wir alles möglich machten, was unmöglich erschien. Wir erfanden den weltweit ersten Tracking-Code für Fisch, wir überzeugten den Werbekreativen Stefan Zschaler (heute Agentur TankTank), sich mit in das visionäre Boot zu setzen und eine Marke zu entwickeln (dank an meinen Freund Stefan!), wir beschafften Geld, neue Mitarbeiter:innen und fanden im Biohandel die ersten Großkund:innen, die an unser Konzept glaubten.
Es gibt noch viel zu tun. Bleiben wir dran!
Das alles erzählte ich dem Stern vor vielen Jahren. Und immer noch erfüllte es mich mit großer Freude, zurückzublicken und festzustellen: Wir haben es geschafft, auch wenn wir noch lange nicht am Ziel sind. Und wenn der STERN mich heute fragen würde, wann dieses Ziel erreicht sein könnte, würde ich antworten: Wenn wir weltweit 100 % nachhaltigen Fischfang und eine 100 % nachhaltige Landwirtschaft haben.
Also: Es gibt noch viel zu tun. Bleibt uns gewogen, liebe Freund:innen und liebe Kund:innen.